Kategorie: Erlebnisberichte Nava Disa

Kuan-Yin

Der Buddha in mir!

Da saß ich im Schaukelstuhl.
Die sanften Bewegungen ließen tief verborgenen Erinnerungen in mir erwachen, währendem die Raupe zielstrebig das Akazienblatt erklomm. Oben angekommen konnte sie sich drehen und winden wie sie mochte, sie lief Gefahr, sich an der Spitze des Blattes zu verletzen. Ich hätte sie schon vorher zur Umkehr mahnen können, denn da oben gings nicht weiter. Aber wie wusste ich, ob sie auf dem Weg dahin nicht vielleicht satt geworden ist?
 
Achtsam und voller Demut krabbelte ich hinunter und ließ mich diesmal vertrauensvoll führen. Ich fand meine Bestimmung und ich erklomm es. Achtsam. Wenn es mich dürstete, fand sich da und dort ein Wassertropfen. Wenn es regnete kroch ich unter ein schützendes Blatt. Wenn die Sonne in ihrer vollen Pracht leuchtete, spendete mir das Blätterwerk Schatte. Manchmal streichelten die Sonnenstrahlen meinen Körper. Wenn mich hungerte, fand sich in den Ritzen des Stammes Nahrung oder ich knabberte behutsam etwas Rinde ab. Irgendwann kam ich ganz oben an und ich sah es war - wie es gewisse Wesen ausdrücken - ein Baum und es offenbarte mir eine wunderbare Weitsicht. Ich war erstaunt und stellte fest, da waren unzählige andere solcher Materien. Wo ich mich an dem einen Wassertröpfchen labte, bildeten aber-Millionen von Wassertröpfchen einen See. Welch wundersame Entdeckung!
 
Ich sah Berge - wie es gewisse Wesen ausdrücken - und am Horizont verabschiedete sich die Sonne mit einem prächtigen Farbenspiel. So wie ich es noch nie gesehen hatte,  um sich wenig später wiederum mit einem roten Schleier anzukündigen. Ich wusste jetzt, da gab es noch viel mehr zu erfahren. Achtsam bewegte ich mich nach unten. Das eine Blatt, das mich vorher schützte, hatte eine neue Form angenommen und schwebte lange fröhlich tanzend auf und ab, bis es seine neue Bestimmung fand.
 
Ich bestieg Baum um Baum und betrachtete dabei die Ameisen, die fleißig ein gemeinsames Ziel zu verfolgen schienen. Ich hörte den Gesang der Vögel und sah die bunten Schmetterlinge, die mir fröhlich zuwinkten und mir schien, als ob sie mich beschützen würden. Abermals gelangte ich an die Krone eines wundervollen Baumes; ich krabbelte über herzförmige Blätter, da überkam mich ein Gefühl voller Liebe, Mitgefühl und Mitfreude für all die Wesen, denen ich auf meinem Weg begegnet bin, die mich umgaben und die ich noch nicht einmal kannte und eine unendliche Ruhe ganz tief in mir drin entfaltete sich. Ich fühlte einen Schleier, der mich beschützend umwickelte. Ich saß tief versunken, die Sonne begrüßte mich abermals und streichelte viele Male meinen Rücken.
 
Da erwachte ich und ich war verwandelt. Mit den vielen bunten Schmetterlingen flog ich in andere Dimensionen.

Und da sah ich ein Wesen, das sich sanft im Winde schaukeln ließ.
Auf seinem Körper ruhte friedvoll eine Raupe.

Gewidmet an Han Shan,
von Irene

 



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